SOP Schwierige Elternsituationen

Inhaltsverzeichnis

Autorin: M. Bolten
Version: 08/2025

Konzept Umgang mit schwierigen Elternsituationen

Zielgruppe

Pflegefachpersonen, Ärzt:innen, therapeutisches und administratives Personal

Zielsetzung

  • Schutz von Patient:innen und Mitarbeitenden
  • Deeskalation potenziell aggressiver Situationen
  • Förderung einer konstruktiven Kommunikation mit herausfordernden Bezugspersonen

Typische schwierige Elternsituationen

  • Hohe emotionale Belastung / Angst um das Kind
  • Misstrauen gegenüber medizinischem Personal oder medizinischen Massnahmen
  • Übergriffiges oder aggressives Verhalten
  • Unrealistische Erwartungen an Behandlung und Heilung
  • Kooperationsverweigerung oder Non-Adhärenz
  • Psychische Erkrankungen oder Abhängigkeitserkrankungen der Eltern
  • Soziale Risikokonstellationen (z.B. Kindeswohlgefährdung, häusliche Gewalt)
  • Erhöhter Redebedarf/Kontrollbedürfnis der Eltern

Grundprinzipien im Umgang

  • Respektvolle, transparente und klare Kommunikation
  • Systemische Sichtweise (Kind im Familiensystem)
  • Klares Setzen von Grenzen bei übergriffigem Verhalten
  • Ressourcenorientierung und Validierung von Sorgen
  • Multiprofessionelle Kooperation und Fallbesprechung
  • Dokumentation problematischer Vorfälle

Rollen und Verantwortlichkeiten

  • K+L-Dienst
    • Einschätzung der Familiendynamik und elterlichen Belastung
    • Krisenintervention und Gesprächsführung mit den Eltern
    • Unterstützung des Behandlungsteams durch Fallberatung
    • Vermittlung weiterführender Hilfen (Erziehungsberatung, Jugendhilfe, Suchtberatung)
    • Mitwirkung bei der Beurteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung
    • Entlastung durch Elternberatung/-betreuung
  • Pflegepersonal
    • Aufbau eines verlässlichen Beziehungsangebots im Alltag
    • Frühzeitige Beobachtung und Dokumentation von elterlichem Verhalten (inkl. zeitnaher Einbezug des K+L Dienstes)
    • Deeskalierendes Verhalten bei emotionalen Situationen
    • Teilnahme an multiprofessionellen Fallbesprechungen
  • Pädiater:innen
    • Klare, empathische und konsistente Information der Eltern
    • Transparentes Darlegen medizinischer Massnahmen und Grenzen
    • Einbezug des K+L Dienstes bei schwieriger Elterndynamik
    • Durchsetzung medizinischer Entscheidungen bei Non-Adhärenz (ggf. via KESB)

Konkretes Vorgehen im Krisenfall

 

Prävention – Eskalationen vermeiden

Bei zu erwartenden Schwierigkeiten möglichst frühzeitiges Konsil an K+L Dienstes (via EPIC und Diensttelefon K+L: 6220; Mo-Fr 8:00-17:30)

K+L Team verfasst eine Mitteilung im EPIC an DA und macht Übergabe am KJNO Change (Mo-Fr 16:40) zum jeweiligen Fall mit Handlungsempfehlungen

Klare Kommunikation

  • einfache, wertschätzende Sprache
  • regelmässig transparente Informationen über Abläufe, Wartezeiten und Behandlungsschritte geben
  • Fachjargon oder überfordernde Informationen vermeiden

Verlässlichkeit

  • Zugesagtes einhalten oder frühzeitig über Verzögerungen informieren
  • relevante Aussagen und Beobachtungen zur Nachvollziehbarkeit dokumentieren​​​​​​​

Beziehungsaufbau

  • Gespräche auf Augenhöhe führen, echtes Interesse und Verständnis zeigen.
  • Anzeichen von Stress oder Überforderung frühzeitig erkennen und K+L Dienst einbeziehen​​​​​​​

 

Akutsituation – Deeskalierend handeln

Erste Einschätzung

  • Gefahr für Kind, Team oder Eltern? → Bei akuter Bedrohung: Sicherheitsdienst involvieren (8000) und Kolleg:innen hinzuziehen​​​​​​​

Grundprinzipien der Deeskalation

a) Ruhig bleiben

  • langsam, ruhig und klar sprechen
  • gedämpften Tonfall nutzen – keine Gegenaggression!

b) Aktiv zuhören

  • Elternteil sprechen lassen, ohne zu unterbrechen.
  • Gesagtes in eigenen Worten wiederholen (z. B. „Ich höre, dass Sie sehr besorgt sind …“).

c) Grenzen setzen

  • klare, ruhige Grenzen setzen, z. B.:„Ich verstehe Ihre Sorge. Ich kann mit Ihnen nur sprechen, wenn es ruhig bleibt.“
  • standhaft, aber respektvoll verhalten
  • Eskalierendes Verhalten (z. B. Schreien, Drohungen) benennen und nicht tolerieren: „Wenn Sie weiterhin laut werden, muss ich das Gespräch abbrechen.“

d) Distanz und Raum schaffen

  • körperliche Distanz halten, nahe zu einem Fluchtweg (z.B. Tür) positionieren
  • Wenn möglich: Gespräch in einem geschützten Raum mit einer Kolleg:in führen.

e) Verlässliche Lösung anbieten

  • Klare nächste Schritte benennen, z. B.: „Ich werde in 10 Minuten mit der Oberärztin Rücksprache halten und komme dann wieder zu Ihnen.“

 

Nachbereitung – Schutz und Reflexion

Dokumentation

  • Protokollieren des Vorfalls im EPIC, inklusive Aussagen, Verhalten, getroffenen Massnahmen.

Teaminterne Reflexion

  • Besprechen der eskalierten Situationen im Team oder in der Supervision
  • Lernpunkte und mögliche Verbesserungen identifizieren

Unterstützungsangebote nutzen

  • Bei emotionaler Belastung im Team: Nachbesprechung mit K+L Team/Debriefing organisieren.
  • ggf: Meldung an Kindesschutzgruppe oder Einbezug von Führungspersonen.

Hausrecht / Sicherheitskonzept

  • Bei massiven Übergriffen: Hausverbot, Polizeikontakt oder Schutzmassnahmen gemäss LUKS Richtlinien.