Therapie der diabetischen Ketoazidose (DKA)

22.12.21 - Schema DKA aktualisiert

Inhaltsverzeichnis

erstellt: O. Schierl/Tonella, 12/2016.

geprüft/geändert: Dr. med. A. Donas, Dr. med. M. Santi, PD Dr. med. M. Stocker. Letzte Version: 10/2021.

 

Definitionen

Biochemische Kriterien für die Diagnose einer DKA:

  • Hyperglykämie (BZ > 11.1 mmol/L)
  • pH (venös) < 7.3 oder Bikarbonat < 15mmol/L
  • Azetonämie oder Azetonurie

Schweregrade einer DKA:

  pH (venös) Bikarbonat (in mmol/L)
leicht 7.2 - 7.3 > 10
mittelschwer 7.1 - 7.2 5 - 10
schwer < 7.1 < 5

Ausgangslage

Die diabetische Ketoazidose (DKA) ist das Resultat eines über längere Zeit (Tage/Wochen) bestehenden Insulinmangels. Sie ist durch Hyperglykämie, Dehydratation, Azidose, Ketonämie und Ketonurie gekennzeichnet. Die Rehydrierung und Korrektur der DKA muss sehr vorsichtig erfolgen, da eine zu rasche Korrektur gefährliche Elektrolytentgleisungen provozieren kann. Eine zu rasche Korrektur der Hyperglykämie und eine zu aggressive Rehydrierung sind zu vermeiden, da sie möglicherweise das Risiko der Entstehung eines Hirnödems erhöhen.

 

Management

Ausgangsuntersuchungen

Standardverordnung: Blutdruck, Puls, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Temperatur, gewogenes Gewicht, gemessene Länge.

Labor: Glucose, diff.BB, Natrium, Kalium, Calcium, Chlorid, Magnesium, Phosphat, Blutgasanalyse mit Anionenlücke, Harnstoff, Creatinin, HbA1c, Urinstatus (inkl. Ketonkörper).

Ferner bei Neuerkrankungen: Inselzell-Antikörper, Anti-GAD-Antikörper, Anti-IA2-Antikörper, ZnT8-Antikörper.

Flüssigkeit

  • Bolus (Schocktherapie, nur falls nötig): 20 ml/kg KG Ringerfundin® während 15-30 Minuten i.v. (max. 500 ml, eventuell wiederholen)
  • Weitere Rehydrierung: Ersatz des geschätzten Flüssigkeitsdefizits und Erhaltungsbedarf initial mit Ringeracetat mit Glucose 1%

 

GF in den ersten 24h: 2400-3000 ml x m2 Körperoberfläche

(= max 125 ml/m2 Körperoberfläche/h).

CAVE: absolute maximal Menge von 5900 ml/24h nicht überschreiten, auch wenn Körperoberfläche dies verlangen würde.

Grundsätzlich in den ersten 6 Stunden p.os. - Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt. Je nach Klinik p.os. - Flüssigkeitszufuhr bis 10 - 20% der GF über 24h erlaubt. CAVE: Hirnödem.

Rehydratation mit:

  • wenn BZ >14 mmol/l: stets Ringeracetat mit Glucose 1%
  • wenn BZ <14 mmol/l: Wechsel auf Ringeracetat mit Glucose 5% ( 3,0 mg/kgKG/min) i.v.

Wird die Glukosesubstitution 5% einmal gestartet, wird diese bis zum Abschluss der Rehydrierung nicht mehr gestoppt.

Anmerkung: Bei schwerer Ketoazidose (pH < 7.1) darauf achten, dass die Insulin-Infusion Geschwindigkeit hoch ist (mindestens 0.05 E/Kg KG/h). Falls Blutzucker dafür zu tief, Infusionswechsel auf isotonisierte Glucose 10% (NaCl 23.4% 40ml zu 1 Liter Glucose 10%: somit beträgt die Endkonzentration von NaCl 0.9% und das Endvolumen ist 1040ml).

Ab der 7. Stunde ist eine p. os Flüssigkeitszufuhr je nach klinischem Zustand und Blutresultaten bis ca. 20-30% der berechneten GF möglich. Neuberechnung der Infusionsgeschwindigkeit nötig. CAVE: Hirnödem.

Nach den ersten 24h: muss GF neu berechnet werden, "normale" gewichtsadaptierte GF/24h (max. 2400ml/m2KOF). Die Trinkmenge muss immer der Patienten-Situation angepasst werden, bei gutem AZ darf der Pat. gesamte GF trinken.

Kalium-Substitution

Patienten mit einer DKA habe in der Regel ein grosses Kaliumdefizit; initial kann der gemessene Kaliumwert aufgrund der Azidose (hoch)normal sein; unter der Insulintherapie (Co-Transport, Azidose-Korrektur) kann das Kalium rasch abfallen. Da bei einer DKA neben einem Kaliumdefizit immer auch eine Hypophosphatämie vorliegt, soll der Kaliumersatz je zu 50% mit KCl 15% (1 ml = 2 mmol) und KH2PO4 13.6% (1 ml=1mmol) erfolgen.

CAVE: Kalium Abfall -> Kaliumtherapie muss vor Insulintherapie gestartet werden (optimal: 10min. vor Insulintherapie, Start mit Kaliumtherapie) . Ausser bei nicht vorhanden Miktion oder K+ >5.5mmol/l, d.h. weitere rehydrieren gemäss Schema ohne Kaliumzusätze bis Miktion erfolgt und K+ <5.5mmol/L.

Startdosis: 10 ml KCl 15% (20 mmol) + 20ml KH2PO4 13,6% (20mmol) pro Liter Infusion (Ringeracetat mit Glucose 1% oder 5%). Die Kaliumzusätze werden mit der Rehydrierung gemeinsam substituiert.

Insulin-Therapie

Start Insulintherapie spätestens 2h nach Beginn Hydratation (d.h. nach Schocktherapie und/plus 1. Stunde Rehydratation).

Zubereitung der Infusionslösung: zu 50 ml NaCl 0.9% werden 10 E rasch wirkendes Insulin (Actrapid®) gegeben, 1 ml dieser Lösung enthält somit 0.2 E Insulin. Siehe Excel-Verordnungsblatt "Actrapid Infusion Kinder" im Kispi-Wiki.

Ziel der Insulin-Dauertropf-Therapie: Korrektur der Azidose und Normalisierung des Blutzuckers, wobei der Blutzuckerabfall 4-5 mmol/l/Std nicht übersteigen darf.

Umstellung auf subcutane Insulingabe nach 24-(48) Stunden nach Rücksprache mit Endokrinologie-Dienst:  Stopp Actrapid i.v. erst eine Stunde nach Beginn der s.c.-Insulintherapie.

Überwachung / Blutentnahme

Auf Notfall, Station 2West/2Ost/IPS

Initial 2 stdl.: GCS, Pupillen, Puls, Blutdruck, Atemfrequenz bis pH 7.2-7.3 (oder je nach Klinik: wenn mehr nötig, Verlegung auf IPS sinnvoll) dann Reduktion auf 4 stdl. bis pH 7.3- 7.4 dann Reduktion auf 8 stdl.

  • Reduktion des Überwachungsintervalls möglich ab 24h nach Eintritt bei:
  • BD & Herzfrequenz: 1x/Woche, 1x vor Austritt und bei Bedarf
  • Atemfrequenz, SpO2: 1x vor Austritt und bei Bedarf
  • Gewicht: 1x Nüchtern nach Eintritt und 1x vor Austritt

 

BZ-Messung (kap.): stündlich bis BZ <20mmol/l, dann 2 stdl.

Blutentnahme 2h nach Beginn Insulin-Therapie: Natrium, Kalium, vBGA, Phosphat, Calzium, Chlorid (notfallmässig). Dann Blutentnahme 4-8 stündlich bis zur Normalisierung der Ketoazidose bzw. Hypokaliämie.