Behandlung der intrakraniellen Drucksteigerung bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

21.08.19 - Link auf Herstellung der hypertonen NaCl-Lösung eingefügt

Inhaltsverzeichnis

Autoren: Prof. Dr. med. T. Berger, Prof. P. Szavay, Dr. med. H.W. Hacker, Dr. med. H. Winiker, Dr. med. Schmitt-Mechelke, Dr. med. F. Bauder, Dr. med. M. Stocker
Version: 12/14

Einführung

Es ist unbestritten, dass das Ausmass der neurologischen Schädigung nach einem schweren SHT nicht nur vom initialen Trauma abhängt, sondern wesentlich durch Prozesse, die über Stunden und Tage nach dem Trauma ablaufen, mit beeinflusst wird. Insbesondere ist klar, dass Perioden arterieller Hypotension und/oder Hypoxie Langzeitre­sultate nach SHT negativ beeinflussen.

Es ist das Ziel der Neurointensivmedizin, diese sekundären Schäden zu verhindern oder zumindest zu verringern. Gegenwärtig wird dabei der Kontrolle des intrakraniellen Druckes (ICP), der Erhaltung eines normalen (evtl. supranormalen) zerebralen Perfusionsdruckes (CPP) und der Vermeidung von hypoxämischen/hypokapnischen Zuständen besondere Beachtung geschenkt.

Wesentliche Teile dieses revidierten Protokolls stützen sich auf die im Jahre 2012 publizierten und breit abgestützten Empfehlungen der Brain Trauma Foundation (Guidelines for the Acute Medical Management of Severe Traumatic Brain Injury in Infants, Children, and Adolescents) (1).

Tabelle 1. Modifizierte Glasgow Coma Scale für Kinder und Kleinkinder

  Kind Kleinkind Score
Augen öffnen spontan spontan 4
auf Anruf auf Anruf 3
auf Schmerzreiz auf Schmerzreiz 2
fehlt fehlt 1
Verbale Antwort orientiert pläuderlet 5
verwirrt irritiertes Schreien 4
nicht zusammenhängend schreit auf Schmerzreiz 3
unverständlich jammert auf Schmerzreiz 2
fehlt fehlt 1
Motorische Antwort 





führt Befehle aus spontane normale Bewegung 6
gezielte Abwehr auf Schmerzreize geziehlte Abwehr auf Schmerzreize 5
normale Beugeabwehr auf Schmerzreiz normale Beugeabwehr auf Schmerzreiz 4
abnorme Abwehr (Flexion) auf Schmerzreiz abnorme Abwehr (Flexion) auf Schmerzreiz 3
Strecksynergismen aller Extremitäten auf Schmerzreiz Strecksynergismen aller Extremitäten auf Schmerzreiz 2
keine Reaktion keine Reaktion 1

Definitionen und Abkürzungen

Die aufgeführten Richtlinien beziehen sich auf Patienten mit einem SHT und einem Glasgow Coma Score (GCS) von ≤ 8 (siehe Tabelle 1).

MAP: mean arterial pressure (Norm: altersabhängig, siehe Tabelle 2)
ICP: intracranial pressure (Norm: 0-10 mmHg)
CPP: cerebral perfusion pressure, definiert als MAP minus ICP (Norm: altersabhängig, siehe Tabelle 2)

Tabelle 2. Approximative CPP in verschiedenen Altersgruppen (basierend auf publizierten 50. Perzentile von systolischen und diastolischen Blutdrucken bei Kindern und der Annahme dass ICP=10 mmHg)

Altersgruppe BPsyst50 BPdiast50 MAPcalc50 ICP CCP
0-1 Jahr 90 55 67 10 57
1-7 Jahre 95 55 68 10 58
7-13 Jahre 105 65 77 10 67
> 13 Jahre 115 70 85 10 75

Merke: Schätzung systolischer BD-Werte für Kinder > 1 Jahr

BDsyst (5.%ile) = 70 + (2 × Alter in Jahren)
BDsyst (50.%ile) = 90 + (2 × Alter in Jahren)

Initiale Reanimation von Patienten mit schwerem SHT

Patienten mit einem SHT und einem GCS ≤ 8 sollen endotracheal intubiert und beatmet werden. Ziel der Beatmung ist eine normale Oxygenierung (O2-Sättigung 97-100%, pO2 > 12 kPa) und Normoventilation (pCO2 4.5-5.5 kPa).

Auf eine prophylaktische Hyperventilation ist zu verzichten. Nur bei Auftreten einer transtentoriellen Herniation (unilateral oder bilateral dilatierte Pupillen, asymmetrische Pupillenreaktion, Streck/Beuge- oder Streck/Streck-Synergismen) oder einer progressiven neurologischen Verschlechterung ist eine Hyperventilation akut als Notfallmassnahme erlaubt.

Eine Volumensubstitution zur Stabilisierung des arteriellen Blutdruckes hat rasch und aggressiv zu erfolgen (in der Regel mit Ringerfundin). Ob hypertone Lösungen allenfalls normotonen Lösungen vorzuziehen wären, kann zur Zeit nicht mit Sicherheit gesagt werden (siehe auch unter Senkung des ICP); auf die Gabe von hypotonen Lösungen soll jedoch verzichtet werden.

Der Einsatz von Sedativa und Muskelrelaxantien soll ebenfalls nicht automatisch sondern den Gegebenheiten ange­passt erfolgen (tiefe Sedation und Muskelrelaxation limitieren die neurologische Untersuchung auf die Beurteilung der Pupillen!). Wenn möglich sind Medikamente mit kurzer Wirkdauer einzusetzen (z.B. Midazolam, Fentanyl).

Beim Auftreten von Zeichen einer Herniation oder einer progressiven neurologischen Verschlechterung ist eine aggressive Behandlung der intrakraniellen Drucksteigerung angezeigt. Dies kann in dieser Phase am ein­fachsten mit einer Hyperventilation erreicht werden. Mannitol (0.5-1.0 g/kg) oder hypertone NaCl 3%-Lösung können dann eingesetzt werden, wenn eine allfällige Hypovolämie zuvor durch Volumengabe korrigiert worden ist.

Diagnostik für Patienten mit schwerem SHT

Klinik

Alle Patienten mit schwerem SHT benötigen sowohl primär als auch im Verlauf (minimal einmal täglich dokumentiert) eine klinische neurologische Untersuchung. Zur Optimierung der klinischen Beurteilung soll frühzeitig der Neuropädiater hinzugezogen werden. GCS (dokumentiert mit Teilscores "Augen öffnen", "Verbale Antwort" und "Motorische Antwort"), Bewusstseinslage, Pupillomotorik, motorische Funktionen, Reaktionen auf Schmerzreize, Hirnnervenfunktionen, Anhaltspunkte für Beuge-Strecksynergismen müssen geprüft und entsprechend dokumentiert werden.

Bildgebung initial

Initial ist ein Schädel-CT nativ und mit KM unter Einschluss der HWS indiziert. Bei Verdacht auf mögliche Gefässverletzungen (z.B. Carotisdissketion) können allenfalls spezielle Angio-Sequenzen die Diagnostik optimieren und sind deshalb zu erwägen. Falls in der nativen CT-Untersuchung Blut intraventrikulär diagnostiziert wird, soll ein Navigationsdatensatz für eine eventuell notwendige navigationsgestütze Ventrikelsondeneinlage mit anfordert werden. Die CT-Indikation wird bei schwerem SHT und intubierten Patienten grosszügig gestellt. Bei unauffälligem Schädel-CT oder nur minimalen Befunden soll interdisziplinär diskutiert werden, ob ein Aufwachversuch möglich ist.

Bildgebung im Verlauf

Ein Verlaufs-CT (mit KM) ist bei klinischer Verschlechterung mit persistierend erhöhten ICP-Werten zu diskutieren. Nach ca. 24 Stunden wird in der Regel eine weitere Bildgebung angestrebt zur Verlaufsbeurteilung (Schwellung) und als Entscheidungshilfe zur Festlegung des weiteren Procedere (Dauer CPP-Behandlung, Aufwachversuch).

Bedside-EEG

Jeder Patient mit schwerem SHT und Bewusstseinseintrübung soll mittels bedside-EEG überwacht werden. Damit können zusätzliche Informationen betreffend Zustand und Prognose gemacht werden (Beurteilung durch Neuropädiater). Diese Informationen sollen in die Beurteilung und Diskussion betreffend Dauer der CPP-Behandlung, resp. einem möglichen Aufwachversuch miteinbezogen werden. Das EEG hilft zusätzlich in der Erfassung von subklinischen Anfällen.

Primär operative Therapieoptionen

Raumfordernden intrakraniellen Verletzungen und/oder Blutungen, insbesonders ein akutes Subduralhämatom oder ein Midline-Shift mit Anisokorie stellen eine dringliche Operationsindikation dar. "Swelling prone injuries" sind gemäss AC Duhaime, Neurochirurgie Boston Children's Hospital Läsionen in der Fossa temporalis, Läsionen in der hinteren Schädelgrube, grosse und /oder multifokale Läsionen und akute Subduralhämatome. In diesen Situationen soll die Indikation für eine Entlastungskraniektomie zusammen mit den Neurochirurgen diskutiert werden.

Überwachung des intrakraniellen Druckes (ICP monitoring)

Bei SHT Patienten mit einem GCS ≤ 8 und einem pathologischen Schädel-CT im Sinne einer "swelling prone injury" oder mit bereits nachweisbarer Raumforderung kann die Überwachung des ICP mit einer ICP-Sonde in Kombination mit einer CPP-based Therapie hilfreich sein. SHT Patienten mit einem GCS > 8, einem normalen oder minimal verändertem Schädel-CT müssen bezüglich Indikation für ein ICP-Monitoring individuell beurteilt werden (Zusatzkriterien: Unfallmechanismus, klinischer Status, EEG). Die Entscheidungsfindung wird idealerweise interdisziplinär geführt.

Ventrikelkatheter versus Parenchymsonde

Intraventrikuläre Katheter haben gegenüber Parenchymsonden den Vorteil, dass bei einem allfälligen ICP Anstieg therapeutisch Liquor drainiert werden kann. Ventrikelsonden sind aber schwieriger zu platzieren und weisen eine höhere Komplikationsrate auf.

Fiberoptische intraparenchymatöse Druckmonitore sind die Alternative zu Ventrikelsonden, wobei signifikante measurement drifts möglich sind und nach Einsetzen der Messsonde keine Rekalibrierung mehr stattfinden kann. Eine fiberoptische intraparenchymatöse Sonde wird üblicherweise rechts frontal eingelegt (Tiefe ca 2 cm).

Therapie der intrakraniellen Drucksteigerung: CPP-based therapy

Theoretische Grundlagen

Entgegen früherer Ansichten ist die Autoregulation des zerebralen Blutflusses (cerebral blood flow, CBF) nach einem SHT in der Regel nicht aufgehoben; der CBF ist entsprechend nicht druckpassiv. Es darf erwartet werden, dass bei normalem CBF das Anheben des CPP zu einer zerebralen Vasokonstriktion und damit Verminderung des zerebralen Blutvolumens (cerebral blood volume, CBV) führt; die Folge davon ist ein Absinken des ICP (vasoconstrictor cascade). Analog kommt es beim Absinken des CPP zu einer reaktiven Vasodilatation, damit ein normaler CBF aufrecht erhalten bleibt; die damit verbundene Erhöhung des CBV führt zu einem Anstieg des ICP (vasodilator cascade). Diese Überlegungen stellen die theoretische Grundlage für eine CPP-based Therapie der intrakraniel­len Drucksteigerung nach schwerem SHT dar.

Bei fehlender Autoregulation wäre zu erwarten, dass eine Erhöhung des CPP zu einem vermehrten CBF und CBV führen würde; letzteres hätte eine Steigerung des ICP zur Folge. Klinische Studien haben gezeigt, dass dies nicht zutrifft, selbst wenn supranormale Blutdruckwerte induziert werden.

Obwohl ein direkter Vergleich zwischen einer ICP-based und einer CPP-based Neurointensivbehandlung nach schwerem SHT fehlt, gibt es Hinweise dafür, dass mit einer CPP-based Therapie Mortalität und Morbidität gesenkt werden können. Ein ICP von > 20 mmHg gilt üblicherweise als therapiebedürftig, allerdings müssen erhöhte ICP-Werte immer im Gesamtkontext zusammen mit Klinik, CT, EEG beurteilt werden. In gewissen Fällen können ICP von > 20 mmHg akzeptiert werden, solange der CPP adäquat bleibt, anderseits ist zu bedenken, dass eine Herniation auch bei ICP < 20 mmHg auftreten kann.

In den Guidelines for the Acute Medical Management of Severe Traumatic Brain Injury in Infants, Children, and Adolescents wird ein CPP von < 40-50 mmHg als Interventionsgrenze empfohlen (in Abhängigkeit vom Alter: tiefere Werte für jüngere Patienten). Die in Tabelle 3 aufgeführten Werte wurden bewusst etwas höher angesetzt (Sicherheitsmarge?). Zudem wird unterschieden, ob eine intracranielle Hypertonie (ICP > 20 mmHg) vorliegt oder nicht (ICP < 20 mmHg).

Tabelle 3. Anzustrebende CPP bei Kindern mit schwerer SHT

Altersgruppe Anzustrebender CPP (MAP minus ICP)
ICP < 20 mmHg ICP > 20 mmHG
0-1 Jahr 40 mmHg 50 mmHg
1-7 Jahre 45 mmHg 55 mmHg
7 -13 Jahre 50 mmHg 60 mmHg
> 13 Jahre 55 mmHg 65 mmHg

Praktisches Vorgehen

Primär sollen die in Tabelle 3 aufgeführten CPP nicht unterschritten werden. Dazu müssen je nach Situation der ICP (bei primärer intrakranieller Hypertension und normalem systemischem Blutdruck), der systemische Blutdruck (bei primärer arterieller Hypotension und normalem ICP) oder beide Parameter manipuliert werden. Bei therapierefraktärem ICP-Anstieg sollen supraphysiologische Blutdruckwerte angestrebt werden, um einen normalen CPP zu gewährleisten.

Folgende Massnahmen werden zur Prophylaxe der intrakraniellen Hypertension eingesetzt:

  • Verhindern einer erhöhten Körpertemperatur (T <37°C)
  • Erhöhung des Kopfendes des Bettes um 30°
  • Verhüten einer jugularvenösen Obstruktion
  • adäquate arterielle Oxygenierung, wobei bei fehlender Lungenpathologie ein relativ tiefer PEEP angewendet werden soll (2-3 cm H2O)
  • vollständige Korrektur einer Hypovolämie

Selbstverständlich sollen bei intrazerebralen Massenläsio­nen neurochirurgische Massnahmen erwogen werden.

Senkung des ICP

Bei ICP-Anstieg über 20 mmHg sollen folgende Massnahmen ergriffen werden:

  1. Adäquate Sedation und Analgesie mit Midazolam-DT (0.1-0.3 mg/kg/h) und Fenta­nyl-DT (1-8 mcg/­kg/h) (gegebenenfalls Versuch, ob mit Midazolam und/oder Fentanyl Bolusga­ben ICP gesenkt werden kann).
  2. Mit einer Blutgasanalyse soll dokumentiert werden, dass keine respiratorische Azidose vorliegt (pCO2 4.5-5.5 kPa). Der Patient soll bei Fehlen von Zei­chen einer transtentoriellen Herniation nicht hyperventiliert werden.
  3. Falls das ICP-Monitoring mittels Ventrikel-Katheter erfolgt, soll Liquor drainiert werden (in 2 ml Portionen, aber nicht mehr als 20 ml/h bei Erwachsenen und individuell festzulegenden, entsprechend kleineren Mengen bei Kindern).
Falls der ICP trotz adäquater Sedation > 20 mmHg bleibt, sollen im Hinblick auf eine hyperosmolare Therapie Serum-Osmolarität und Serum-Natrium bestimmt werden. Falls ICP trotz adäquater Analgosedation und Muskelrelaxation > 20 mmHg bleibt:
  1. Hyperosmolare Therapie mit Mannitol (falls Serum-Osmolarität < 320 mosm/l und Serum-Natrium < 150 mmol/l: Dosierung gemäss Tabelle 4) oder hypertoner NaCl -Lösung.
Mannitol erhöht den CBF, indem das zirkulierende Plasmavolumen erhöht und die Blutviskosität reduziert wird (Wirkungsbeginn unmittelbar nach Bolusgabe). Der osmotische Effekt von Mannitol setzt ca 15-30 Minuten nach Bolusgabe ein. Mannitol soll nicht als Dauerinfusion gegeben werden. Mannitol kann zu einem akuten Nieren­versagen führen (ATN), vor allem wenn die Serum-Osmolarität 320 mosm/l übersteigt.

Hypertone NaCl-Lösung (3%) kann als DT in einer Dosis von 0.1-1.0 ml/kg/Std verabreicht werden (Ziel: minimale Dosis, um ICP < 20 mmHg zu halten, Serumosmolarität <360 mmol/l).

Tabelle 4. Anpassung der Mannitol Dosis nach Serum-Osmolarität

Serum-Osmolarität Mannitol-Dosis
310-320 mosm/l 0.25 g/kg/Dosis
300-310 mosm/l 0.5 g/kg/Dosis
<300 mosm/l 1.0 g/kg/Dosis

Falls ICP weiterhin > 20 mmHg:

  1. Gemässigte Hyperventilation, ohne dass dabei das pCO2 unter 4 kPa gesenkt wird. Falls ein Bulbus venae jugularis Katheter zur Verfügung steht, kann die Hyperventilation unter Umständen auch gesteigert werden, solange die Sättigung im Bulbus venae jugularis > 65% und die arterio-juguläre Lactatdifferenz < 0.2 mmol/ betragen.

Reserve-Therapien, falls der ICP weiterhin > 20 mmHg bleibt:

  1. Diskussion eines Barbiturat Komas mit Thiopental: Diese Therapie erfordert ein kontinuierliches EEG-Monitoring und ist nur sinnvoll bei erhaltener kontinuierlicher EEG-Hintergrundaktivität. Aufgrund der negativ inotropen und vasodilatatorischen Wirkung ist meist eine erhöhte Katecholamintherapie notwendig. Start mit Thiopental-Ladedosis 5 mg/kg über 30 Minuten, danach Erhaltungsdosis 1-5 mg/kg/h bis zum burst-suppression Muster im EEG (Ziel 2 – 6 bursts/min). Die Dosis muss rasch reduziert werden, wenn das burst-suppression Muster erreicht ist, da die Gefahr einer Akkumulation besteht. Die Pharmakodynamik von Thiopental ist individuell stark verschieden.
  2. Moderate Hypothermie (32-34°C) innerhalb von 8 Stunden über 48 Stunden kann zur Hirndrucksenkung in Betracht gezogen werden, auch wenn keine sichere Evidenz dazu besteht. Es muss darauf geachtet werden, dass in der Aufwärmphase die Temperatur maximal 0.5°C/Std steigt

Erhöhung des systemischen Blutdruckes

Massnahmen zur Blutdruckstützung richten sich nach dem zugrundeliegenden hämodynamischen Problem. Kann auch nach ausreichender Volumensubstitution kein normaler Blutdruck gehalten werden, sollen frühzeitig Vasoaktiva (Noradrenalin, Adrenalin) und/oder positiv inotrope Substanzen (Dobutamin, Adrenalin) eingesetzt werden.

Bei therapierefraktären ICP-Anstiegen soll früh an die Möglichkeit gedacht werden, den CPP allenfalls durch Erzielen supraphysiologischer systemischer Blutdruckwerte zu stabilisieren. Zeigt sich dabei, dass der ICP bei Erreichen eines bestimmten hohen arteriellen Mitteldruckes (threshold value) absinkt, soll dieser arterielle Mitteldruck beibehalten werden, solange mit einer ICP Problematik zu rechnen ist (in der Regel während der ersten 72 Stunden nach dem Trauma).

Schlussbemerkungen

Folgende Therapien, die bei Patienten mit schwerem SHT früher häufig zum Einsatz kamen, sollen nicht mehr verwendet werden:

  • Prophylaktische Hyperventilation jeglichen Ausmasses
  • Ausgeprägte Hyperventilation (pCO2 < 4 kPa) zur Kontrolle von ICP-Anstiegen
  • Primäre Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr
  • Corticosteroide
  • Prophylaktische Barbiturat-Therapie

Schliesslich soll noch darauf hingewiesen werden, dass jederzeit während der Behandlung einer intrakraniellen Hypertension daran gedacht werden muss, dass eine neurochirurgisch therapierbare Komplikation (Blutung, Hydrocephalus) aufgetreten sein könnte. Die sinnvolle Therapie solcher Komplikationen setzt eine zeitgerechte Diagnostik mittels Schädel-CT voraus.

Die Flussdiagramme in Abbildung 1 (first tier) und Abbildung 2 (second tier) fassen die geschilderten therapeutischen Massnahmen zu­sammen .

Abbildung 1: CPP-based Therapie (first tier) der intrakraniellen Drucksteigerung bei schweren SHT (Quelle: Brain Trauma Foundation)

Beachte: erhöhte ICP-Werte müssen immer im Gesamtkontext zusammen mit Klinik, CT, EEG beurteilt werden.

Abbildung 2: CPP-based Therapie (second tier) der intrakraniellen Drucksteigerung bei schwerem SHT (Quelle: Brain Trauma Foundation)

Beachte: erhöhte ICP-Werte müssen immer im Gesamtkontext zusammen mit Klinik, CT, EEG beurteilt werden.

Referenzen

  1. Kochanek PM, Carney N, Adelson PD, et al. Guidelines for the acute medical management of severe traumatic brain injury in infants, children, and adolescents. Pediatr Crit Care Med 2012; Vol. 13, No.1, 1-82  (PDF)
  2. Hutchison JS, Ward RE, Lacroix J, et al. Hypothermia therapy after traumatic brain injury in children. N Engl J Med 2008:358:2447-2456 (Abstract
  3. Chesnut RM, Temkin N, Carney N, et al. A trial of intracranial-pressure monitoring in traumatic brain injury. N Engl J Med 2012:367:2471-2481 (Abstract)